EMOTIONALE FÜRSORGLICHKEIT


Die Menschen urteilen zu schnell, und wissen zu wenig.

Die Welt navigiert gerne in Richtung Plus - um konsequent falsch abzubiegen. Menschen jonglieren Urteile, immer und überall - der Stolperstein benennt sich stets als Kontrolle, entsprungen aus der Angst heraus, Macht zu verlieren und farblos zu verblassen. Ist die Angst unbegründet, oder zeigt sie sich eher als objektbezogene Furcht? Im Hinblick auf verlorene Zeit ist Erlebtes und Versäumtes zumindest für Erfahrungswerte gut; im Hinblick auf Talent zeigt sich Passivität gerne mal als vermisste Zeit. Für die Reifung von persönlichen Konturen ist das Erforschen aus der zweiten Reihe heraus ein demütiger Segen, doch muss man nicht unbedingt tun, was Talent als Möglichkeit verlangt. Wissen ist stets die Macht, die Unterdrückung und Missbrauch der Verantwortlichkeit verbietet – wenn unmögliche Tatsachen auch immer Fakten bleiben werden.

Sind wir beharrlich, oder schon stur?

Für viele Menschen ist ihr vor sich hergetragenes Selbstbewusstsein nur Fassade – denn es ist nicht immer einfach, mit sich selbst zusammenzuleben. Körperlich reifen wir von selbst, um unsere inneren Welten müssen wir uns aber selber kümmern -  vertrauensvoll und ehrlich. Unsere unterschiedlichen Entwicklungsstufen, und die scheinbar nicht zusammenpassenden Sichtweisen und Denkmodelle, können unüberwindbar scheinende Fluchten hervortreten lassen, in deren Gräben wir uns gerne verlieren. Doch mitten im Sein finden wir auch stets die gesamte Vergangenheit – ob nun bewältigt, befriedet, verschoben oder komplett aus dem Blickfeld verbannt. Dies ist der Schlüssel zu dem Ort in uns, an den wir immer wieder zurückkehren: zur Sinnfrage. Fällt die emotionale Fürsorglichkeit, die wir uns zuteilwerden lassen, spärlich oder gar abweisend aus, wird unsere Seele umso lauter darum hungern, Antworten zu bekommen und Sicherheit zu finden. Das Unausgesprochene wirkt stets im Verborgenen.

Man muss lange hinsehen, bis man es verstanden hat.

Innerer Widerstand setzt kraftvolle Inspirationen und Dynamiken frei. Wie schätzen wir uns politisch und philosophisch ein – und sind wir sozialkompatibel? Beleidigend und entehrend und gerade deshalb geradeheraus schmerzhaft, kann der schnelle Blick sein, der die Oberflächlichkeit streift. Emotionaler Austausch mit jedem unserer Gedanken, sei er noch so flüchtig und anders, sollten wir als gesunde Aufforderung verstehen, unser Leben zu leben – gerade wenn uns in der Kindheit keine emotionale Fürsorglichkeit geschenkt wurde. Verstehen wir uns als Freund und nicht als Gegenspieler, übernehmen wir Verantwortung für unsere Wünsche die wir in der Vergangenheit hatten und die, die uns in der Gegenwart umgarnen - entziehen wir Unzufriedenheit und Ausgrenzung jeglichen Einfluss. Das Ende ist immer ausserhalb der Zeit – deshalb sollten wir unbekümmert mitten in unserem Leben stehen und uns verinnerlichen, dass wir es wert sind, an die erste Stelle zu gelangen.


Ein glückliches Leben werden nur die Lebendigen führen.


Lorenz Looke 2022 © Alle Rechte vorbehalten